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0122 - Hallo, ich bin wieder da!

0122 - Hallo, ich bin wieder da!

Titel: 0122 - Hallo, ich bin wieder da!
Autoren: Heinz Werner Höber
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hatte er sich meinen linken Oberarm ausgesucht.
    Die Schmerzen überstiegen allmählich mein Fassungsvermögen. Ich glaube, ich habe gebrüllt wie am Spieß.
    Den Rest will ich Ihnen und mir ersparen. Er trieb mich mit dem Messer vor sich her, bis ich ziemlich bequem am Rande des Piers stand.
    Ich sah so gut wie nichts mehr, denn inzwischen lief mir das Blut aus einer Stimwunde.
    Ich fühlte nur noch, wie ein eiskalter Schmerz sich in meine Brust fraß, in meinem Gehirn signalisierte der letzte Rest Verstand noch: »Aus, Jerry, aus…«
    Dann war es wirklich vorbei mit mir. Für lange Zeit.
    ***
    Der Hudson River strömt an der Westseite von Manhattan vorbei in die Upper Bay, läßt Brooklyn in der Stromrichtung links liegen, also im Osten, geht durch die Enge zwischen Staten Island und Brooklyn, die man die Narrows nennt, und gelangt schließlich in die Lower Bay, die sich zum Atlantik hin öffnet.
    In die Lower Bay strömt von Westen her der Raritan River, von Norden der Hudson, und nach Osten öffnet sich die Bucht in den Atlantischen Ozean. Die Richtung der Strömung ist also eindeutig - nach Osten.
    Solange Ebbe herrscht.
    Wenn aber die Flut in die Bucht hereinkommt, stört sie die Stromrichtung der beiden Flüsse, und es kommt in der Lower Bay zu den eigenartigsten Strömungen, Gegenströmungen, Kreiseln und Sogs. Kein Mensch vermag dann vorherzubestimmen, wo ein Holzstück landen würde, wenn er es irgendwo in die Bucht werfen würde.
    Als Tonio am Nordufer von New Jersey, halbwegs zwischen Keyport und Atlantic Highlands, eines Morgens aus lauter Langeweile an den Strand ging, von dem sich soeben mit einsetzender Ebbe die Flut langsam zurückzog, fand er einen länglichen Gegenstand im nassen Sand.
    Neugierig lief er näher.
    Der Gegenstand war zweifellos ein Mensch.
    Als Tonio ganz herangekommen war, stieß er einen erschrockenen Ruf aus.
    Denn dieser nur mit Hemd und Hose bekleidete Mensch war ermordet worden. In seiner Brust, ungefähr in der Herzgegend, stak noch das Schnappmesser, das der Mörder verwendet hatte.
    Tonio trat einen Schritt zurück und überlegte.
    Wo mochte der Tote herkommen? Wer mochte er sein? Wieso war er nicht grün und gelb im Gesicht, wie man das von Wasserleichen gewöhnt war? Und wieso hing ihm die ganze Haut des Gesichtes in Fetzen herab?
    Tausend Fragen, tausend Rätsel, und keine Antwort.
    Ich werde Don Alberto holen, entschied Tonio schließlich. Don Alberto war der einzige Mann im Dorf, der nicht Italiener war, sondern Spanier, dafür galt er aber nach schweigendem Übereinkommen als etwas Ähnliches wie ein Bürgermeister.
    Tonio lief schnell in das Dorf zurück und schlug mit den Fäusten gegen die Tür der Bude, in der Don Alberto hauste. Aber statt des Erhofften kam aus der gegenüberliegenden Bude ein junges Mädchen heraus, das für Don Alberto den Haushalt führte und mit seiner Familie eine Bude gegenüber der des Bürgermeisters bewohnte. Wenn in diesem Dorfe irgendwo überhaupt von Wohnen die Rede sein konnte.
    »Bist du verrückt?« schrie das Mädchen. »Warum willst du Don Alberto wecken? Scher dich weg, oder ich werde dir Beine machen!«
    Tonio drehte sich nach dem Mädchen um:
    »Maria, du weißt ja nicht, was geschehen ist! Wir müssen Don Alberto wecken! Auf dem Strand liegt ein Mann, ein toter Mann! Das Messer steckt noch in seiner Brust! Schnell, wir müssen Don Alberto wecken!«
    Maria runzelte die Stirn und betrachtete den jungen Mann mißtrauisch. Aber an seiner ganzen aufgeregten Haltung war leicht zu erkennen, daß er wirklich etwas Entsetzliches gesehen haben mußte.
    »Gut, dann werden wir ihn wecken«, entschied sie.
    Nun hämmerten sie zu zweit mit ihren Fäusten gegen die Tür der Bude. Zuerst hörte man ein verschlafenes Grunzen, dann ein dumpfes Rumoren, und schließlich erschien Don Alberto in der Tür, gähnend, wütend, und mit blauschwarzen Bartstoppeln.
    »Was ist denn los, beim heiligen Padron? Seid ihr verrückt geworden? Könnt ihr anständige Leute nicht schlafen lassen?«
    »Am Strand liegt ein toter Mann«, sagte Tonio nur.
    »Laß ihn liegen, bis er - was sagst du? Ein Toter?«
    »Ja.«
    »Einer von uns?«
    »Nein. Ein Fremder. Das Messer steckt noch in seiner Brust.«
    »Das Messer? Willst du damit sagen, daß er ermordet wurde?«
    »Ja.«
    Don Alberto verdrehte die Augen:
    »Das hat uns gerade noch gefehlt! Wenn wir ihn liegen lassen, findet ihn vielleicht einer von den Strandgängern. Dann haben wir die Polizei hier. Und die
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