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011 - Sanatorium der Toten

011 - Sanatorium der Toten

Titel: 011 - Sanatorium der Toten
Autoren: Larry Brent
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Sanatorium,
Mademoiselle. Heute abend sind Sie vielleicht schon wieder zu Hause. Ich bin
sicher, daß es nichts Ernstes ist…«
    Er öffnete
die Hintertür und zog die dreistufige Metalltreppe heraus, damit es Angela
leichter hatte, einzusteigen.
    Die junge
Französin hob den Blick und erwartete eine Krankenbahre und eine Bank zu sehen.
    Alles in ihr
sträubte sich gegen das, was ihre fiebernden Augen wahrnahmen.
    Vor ihr stand
der große, schwarze Sarg, in dem sie gelegen hatte, und daneben stand der
Bronzeleuchter mit der dicken, schwarzen, flackernden Kerze.
    Da schaltete
ihr Verstand ab.
     
    ●
     
    Der Mann auf
der Bank, die seitlich in einem Feldweg unter einer hohen Pappel stand, war der
Ex-Kommissar Chagan. Der ehemalige Beamte betrachtete sinnend die dicke
Havanna, die er zwischen den Fingern hielt. Er streckte die Beine von sich und
blinzelte in die Sonne.
    Seit er vor
zehn Monaten pensioniert worden war, nutzte er die freie Zeit und machte viele
Spaziergänge. Gerade hierher, in diese abgelegene, sumpfige Gegend, kam er
immer wieder.
    Vor elf
Monaten, als er seinen letzten Fall zu den Akten legte, war er noch einmal aus
Berufsgründen hier gewesen. Damals war in dieser Gegend ein junges Mädchen von
neunzehn Jahren spurlos verschwunden.
    Man hatte den
Fluß Sevre Niortaise abgesucht, die Flachmoore, jeden Winkel in den verstreut
liegenden Bauernhöfen und die Gewölbe der Ruine, die halb verborgen hinter
einem Dickicht lag, und deren graues, moosbewachsenes Gemäuer er von hier aus
gerade noch wahrnehmen konnte.
    Das Land
hatte früher einmal höher gelegen, der Boden hatte sich gesenkt. Die Schlamm-
und Torfschichten setzten sich ab, und das Ufer des Sevre war an dieser
Flußkrümmung besonders flach. Welchem Zweck die Ruine einmal diente, wußte man
heute nicht mehr mit Bestimmtheit zu sagen. Es hieß, daß ein Vertrauter König
Ludwigs XVI. den Wirren der Revolution in Paris entkommen konnte und sich mit einigen
Freunden bis zur Atlantikküste durchschlug. Hier, am Unterlauf des Sevre
Niortaise, befand sich in jenen Tagen ein Landhaus dieses Königstreuen. Dorthin
zog er sich zurück. Im Laufe der Jahre baute er dieses Haus zu einer Art
Festung aus. Die vornehme Herkunft dieses Herrn schwand dahin wie der letzte
Schnee in der warmen Märzsonne. Das ehemalige Landhaus wurde zu einer Herberge
für Räuber und Plünderer. Der Marquis de Noir (so nannte man ihn, weil er
nachts auf Raubzüge ausging) wurde bald zum Schrecken dieser Gegend. Wenn die
Bauern nicht freiwillig Getreide und Fleisch lieferten, so wurde es ihnen mit
Gewalt abgenommen. Und wer sich widersetzte, den nahm man gefangen und folterte
ihn. In seinem Haus am Fluß, das einen burgähnlichen Charakter angenommen
hatte, sollte der Marquis de Noir eine Folterkammer haben, die man fürchtete.
Einer seiner Begleiter war ein Henker, der ebenfalls in den Diensten des Königs
gestanden hatte.
    Ex-Kommissar
Chagan biß die Spitze seiner Havanna ab, drehte die bunte Bauchbinde fein
säuberlich in die richtige Stellung und zündete sich die würzige Zigarre
genußvoll an.
    Er wollte
nicht wissen, was sich hier vor zwei Jahrhunderten alles abgespielt hatte!
    Er erhob
sich. Trotz seiner fünfundsechzig Jahre wirkte er immer noch jugendlich, salopp
und sportlich und war nicht der Typ des bauchigen, schwerfälligen Beamten
hinter dem Schreibtisch. Er war mit hellen Sommerhosen und einem dunkelblauen,
offenen Sporthemd bekleidet.
    Niemand wäre
auf den Gedanken gekommen, daß dieser Mann ein pensionierter Kriminalbeamter
war, den die Ermittlungsergebnisse seines letzten Falles nicht
zufriedenstellten. Was war vor elf Monaten in dieser Gegend geschehen? Ein
Unfall? Ein Verbrechen? Das Verschwinden des neunzehnjährigen Mädchens war bis
zur Stunde nicht geklärt…
    Chagan
bearbeitete den Fall zwar nicht mehr, aber ein alter Fuchs wie er konnte das
Jagen nicht lassen.
    Dieser
letzte, ungeklärte Fall beschäftigte ihn in besonderem Maße.
    War es
deshalb, weil die Bauern in dieser Gegend soviel unsinniges Zeug redeten? Die
Bewohner in den verstreut liegenden Höfen waren überzeugt davon, daß das
Verschwinden der schönen Fremden, die in Niort zu Besuch weilte, mit dem
Marquis de Noir zu tun hatte.
    Schon damals,
so hieß es allgemein, damals, zur Zeit der Revolution und die Jahre danach,
hatte der unheimliche Marquis ein besonderes Auge für die schönen Mädchen auf
den Höfen.
    Die, welche
ihm gefielen, holte er zu sich in sein Haus am Fluß. Sein
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