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011 - Sanatorium der Toten

011 - Sanatorium der Toten

Titel: 011 - Sanatorium der Toten
Autoren: Larry Brent
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welchem Aufzug sie
daherkam. Sie schien vergessen zu haben, daß nur ein Nachthemd ihren reizvollen
Körper verhüllte, kaum verbarg, wenn man es genau besah. Das duftige, leichte
Gewebe gab mehr zu erkennen als es verdeckte.
    Angela sprang
auf die Straße, winkte und rief. Ein Wagen hielt an. Sie sprach mit den Männern
und wußte nicht, was sie alles sagte.
    Die Männer,
zwei Pfleger aus dem Privatsanatorium des Professors, kümmerten sich um sie.
    Sie sprachen
beruhigend auf sie ein. Angela nickte nur zu ihren Worten und starrte auf das
Schild mit den drei gelben Buchstaben, das die Männer, auf die Brusttaschen
genäht, trugen.
    Sie setzte
sich zu den beiden Pflegern. Einer der Männer, ein junger, bleicher Bursche mit
dichtem, schwarzem Haar und einem dünnen Lippenbärtchen, zerrte ein weißes
Laken aus dem hinteren Teil des länglichen Wagens und warf es der jungen Frau
über die Schultern.
    »Wir helfen
Ihnen, Mademoiselle«, sagte er. »Sie werden sehen, daß Sie nur schlecht
geträumt haben. Es ist bestimmt nichts in Ihrem Haus, wovor Sie sich fürchten
müssen.«
    Er sagte, daß
er Victor hieße, seit über drei Jahren bei Professor Mineau angestellt sei und
daß ihm seine Arbeit Freude bereite, auch wenn sie schwer sei.
    Angela
nickte. Sie bewegte die Lippen, redete leise vor sich hin, und die beiden
Männer warfen sich stumme Blicke zu…
    »Ich heiße
Angelique Gourmon«, sagte sie leise und schien ihrer eigenen Stimme
nachzulauschen, als höre sie sie zum ersten Male. »Meine Freunde nennen mich
Angela. Ich schreibe Liebesgedichte. Im Augenblick arbeite ich an einem
Theaterstück, ich weiß noch nicht, wie ich es nennen werde, aber es wird von
der Liebe handeln, von der Liebe in unserer Zeit. Sehr modern, sehr frei…« Sie
lachte, aber es hörte sich plötzlich ganz normal an. Die Nähe ihrer beiden
Begleiter schien eine äußerst beruhigende Wirkung auf sie zu haben.
    Sie näherten
sich dem Herrensitz. Das große Hauptportal stand weit offen. Auch die Tür zum
Innern des Hauses war halb geöffnet.
    Über Angelas
Rücken lief ein Schauer. Sie schloß die Augen, als könne sie den Anblick dieses
Hauses nicht ertragen.
    »Ich will
nicht zurück«, sagte sie, und ihre Stimme klang fest und sicher. Während der
letzten Minuten war sie merklich ruhiger geworden. Jetzt aber stieg ihre
Unsicherheit und ihre Unruhe wieder. »Dieses Haus ist mir unheimlich, ich habe
Angst…«
    »Sie brauchen
keine Angst zu haben, Mademoiselle«, vernahm sie Victors Stimme ganz dicht
neben sich.
    »Ich habe
Ihnen erzählt, was ich erlebt habe, nicht wahr?« Und dann berichtete sie von
ihrem Vater, der sich auf einer Geschäftsreise befand, und den sie
benachrichtigen wollte. Sie achtete genau auf das, was sie sagte, und das Reden
schien ihr wieder Sicherheit und Ruhe zu verleihen.
    Der Fahrer
steuerte den Krankenwagen bis dicht vor den breiten Treppenaufgang. Dann hielt
er den Wagen an. Das Motorengeräusch erstarb.
    Angela biß
die Lippen zusammen und schlang das weiße Laken enger um ihre Schultern. Sie
schämte sich plötzlich ihrer Blöße, und dieses Schamgefühl tat ihr gut, zeigte
es ihr doch, daß sie ganz normal reagierte.
    »Kommen Sie,
Mademoiselle«, sagte Victor, und faßte sie am Arm. Widerwillig ließ sie sich
führen.
    »Es ist
niemand im Haus«, flüsterte sie und warf den Kopf so heftig zurück, daß ihre
Haare flogen. Angela hatte das Gefühl, als ob sie schwebe, und plötzlich kam
ihr das ganze Geschehen so unwirklich, so phantastisch vor, daß sie einfach
nicht daran glaubte, dies könne Wirklichkeit sein. Nein, dies alles, auch das,
was jetzt passierte, gehörte mit zu dem schrecklichen Traum, den sie
durchmachte. Sicher würde sie jeden Augenblick erwachen, und dann lag sie in
ihrem Bett, und alles klärte sich von selbst…
    Sie gingen in
das Haus. Stille und Einsamkeit empfingen sie.
    Angela sah
sich um und preßte sich unwillkürlich enger an ihren jugendlichen Begleiter.
    »Wo ist Ihr
Zimmer, Mademoiselle?« wollte Victor wissen.
    »Oben, in der
ersten Etage. Dort… die Tür steht noch offen.«
    An Victors
Arm stieg sie die Treppe hoch. Auf dem dicken roten Teppich waren ihre Schritte
nicht zu hören. Dann riß sich Angela plötzlich los.
    Victors Augen
weiteten sich. »Was ist?« fragte er, und sie fand es merkwürdig, daß er mit so
leiser Stimme sprach.
    Heftig
schüttelte sie den Kopf. »Ich geh nicht weiter, keinen Schritt!« stieß sie
hervor. Mit aufgerissenen Augen starrte sie zur Tür ihres
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