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0108 - Mord auf Tonband

0108 - Mord auf Tonband

Titel: 0108 - Mord auf Tonband
Autoren: Mord auf Tonband
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wegen geschehen, und dieser Verdacht war mehr als fadenscheinig.
    Natürlich würden wir über den jungen Mann Erkundigungen einziehen, aber ich traute mir genug Menschenkenntnis zu, um beurteilen zu können, daß er nicht aus dem Holz geschnitzt war, aus dem Mörder gemacht sind.
    Jedenfalls waren wir recht enttäuscht, als wir ihn verließen. Die Hauswartsfrau hatte ausnahmsweise nichts gehört. Das Alibi war zwar nicht hundertprozentig, aber es konnte auch nicht wiederlegt werden. Jeder Mensch hat das Recht, an einem schönen Abend spazierenzugehen.
    Dann fuhren wir zur City Police. Das Foto des bewußten Bildes interessierte mich. Es war inzwischen entwickelt und abgezogen worden. Selbst ohne Farbe konnte man sehen, daß es recht gut gemalt war. Es stellte einen Garten mit blühenden Obstbäumen und ein paar Blumenbeeten dar, auf denen Primeln, Tulpen und andere Frühjahrsblumen durcheinander wucherten. Ich erbat mir einen Abzug, und bevor wir endlich ins Office fuhren, suchten wir nochmals Mr., Brisbane auf, um sicher zu gehen, daß wir auch das richtige Foto erwischt hatten.
    »Ja, das ist es«, sagte er, und dann fing er wieder an, auf seinem Schreibtisch zu wühlen. »Wenn dieses verfluchte Mädel doch wieder da wäre. Ich kann aber auch nichts finden.«
    »Das kommt eben davon, wenn man sich zu sehr von einer langjährigen Sekretärin betreuen läßt«, lachte ich.
    »Ich habe sie noch gar nicht so lange«, meinte er. »Erst seit vier Wochen, aber so häßlich wie das Mädel ist, so tüchtig ist sie auch. Ich möchte nur wissen, wie sie an ihren Freund kommt. Der ist nämlich der reinste Adonis. Ausgerechnet jetzt muß ihre Tante sterben.«
    Die Sache mit der gestorbenen Tante erweckte unwillkürlich mein Mißtrauen. Tote Tanten sind eine beliebte Ausrede, aber vielleicht war sie auch nur mit ihrem schönen Freund in die Ferien gefahren.
    »Wer ist denn diese Perle?«
    »Julie heißt sie — wenigstens rufe ich sie so. Mit Nachnamen heißt sie Cain und wohnt in einem Junggesellenheim in der 44. Straße West.«
    »Welche Nummer?« fragte ich automatisch.
    »Das werden wir gleich haben,, aber Sie denken doch nicht, das Mädchen habe Professor Halverstone totgeschlagen?«
    »Man kann nie wissen.« Ich lachte. Inzwischen hatte er eine Mappe mit der Aufschrift: »Personal« aus dem Kassenschrank geholt und blätterte darin.
    »Da haben Sie Julie. Ihr Bewerbungsschreiben, ihr Bild und was sonst noch dazugehört.«
    Mr. Brisbane hatte nicht übertrieben. Das Mädchen war wirklich häßlich. Sie hatte strähniges, dunkles Haar, einen schmalen Mund, vorstehende Backenknochen und eine lange Nase. Außerdem trug sie eine Brille mit kreisrunden und wahrscheinlich sehr scharfen Gläsern. Aus dem Bewerbungsschreiben ersah ich, daß sie 26 Jahre alt und in Hudson-Falls, einem kleinen Nest in Hampshire, geboren war.
    Wir gingen mit dem Versprechen, es werde nach dem Bild gefahndet werden. Mr. Brisbane bedankte sich. Es sah aber nicht so aus, als ob er über den Verlust untröstlich sei. Vom Office aus rief ich, meinem Versprechen gemäß, bei Crosswing an.
    »Habe ich mir gleich gedacht«, meinte er. »Es wird wohl so gewesen sein, daß jemand einzubrechen versuchte und dem Professor in die Finger lief. Da hat er ihn denn einfach mit dem nächstbesten Gegenstand niedergeschlagen. Inzwischen habe ich auch den Neger vernommen-, aber der weiß absolut nichts. Ich hatte die stille Hoffnung, er kenne jemanden, dem die Tat zuzutrauen ist. Das gleiche gilt für die alte Jungfer, die allerdings Andeutungen machte, Caesar könnte es gewesen sein. Aber der Mann ist schon zehn Jahre im Dienst und genauso lange steht er auf Kriegsfuß mit der alten Schachtel, die ihn wahrscheinlich schikaniert.«
    Bevor ich die Sache endgültig ad acta legte, zeigte ich die Fotografie des gestohlenen Bildes unserem Kunstexperten.
    »Darum ist bestimmt kein Mord begangen worden«, meinte er. »Das Ding hat vielleicht einen Liebhaberwert von hundert Dollar. Schlagen Sie sich die Sache aus dem Kopf. Mit der ›Artists Gang‹ wie die Zeitungen die Bande getauft haben, hat die Angelegenheit nichts zu tun. Die Leute haben zuviel Kunstverständnis, als daß sie um eine derartige Schwarte einen Mord begehen würden.«
    Damit war die Sache vorläufig erledigt. Durch Crosswing erfuhr ich gelegentlich noch, daß es um Professor Halverstones Hinterlassenschaft Krach gegeben hatte. Er hinterließ ein Testament, in dem er sein gar nicht so großes Vermögen der
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