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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter
Autoren: Betty Mahmoody
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Freudentränen, als Ameh Bozorg ihm um den Hals fiel. Sie war eingehüllt in den allgegenwärtigen dicken, schwarzen Tschador, aber ich erkannte sie dennoch von Fotos her. Ihre Hakennase war unverkennbar. Sie war eine grobknochige, breitschultrige Frau und um einiges älter als Moody mit seinen siebenundvierzig Jahren. Sie hielt ihn fest umklammert, warf ihre Arme um seine Schultern, stieß sich mit den Füßen vom Boden ab und schlang ihre Beine um ihn, als würde sie ihn nie wieder loslassen.
    In Amerika war Moody ein chiropraktischer Anästhesist, ein angesehener Mediziner mit einem Jahreseinkommen von ungefähr einhunderttausend Dollar. Hier war er nur Ameh Bozorgs kleiner Junge, wie früher. Moodys Eltern, beide Ärzte, waren gestorben, als Moody erst sechs Jahre alt war, und seine Schwester hatte ihn wie ihren eigenen Sohn aufgezogen. Seine Rückkehr nach einer fast zehnjährigen Abwesenheit überwältigte sie so, dass andere Verwandte sie schließlich von ihm wegziehen mussten.
    Moody stellte uns vor, und sie überschüttete uns mit ihrer Zuneigung, umarmte mich heftig, küsste mich ab und plapperte die ganze Zeit in Farsi. Ihre Nase war so riesig, dass ich kaum glauben konnte, dass sie echt war. Sie ragte unter zwei grünlich-braunen Augen hervor, die vor Tränen glasig waren. Ihr Mund war voller schiefer, fleckiger Zähne.
    Moody stellte auch ihren Mann, Baba Hadschi, vor. Er sagte, der Name bedeute »Vater, der in Mekka gewesen ist«. Er war ein kleiner, mürrischer Mann, in einen ausgebeulten, grauen Anzug gekleidet, dessen Hose weit über seine Leinenschuhe fiel. Er sagte nichts, sondern starrte nur vor mir auf den Boden, damit seine Augen, die tief in seinem braunen, runzeligen Gesicht lagen, meinen Blick nicht trafen. Sein spitzer, weißer Bart war eine exakte Kopie von dem, der den Ayatollah Khomeini ziert.
    Plötzlich spürte ich, wie ein schwerer Blumenkranz, größer als ich selbst, so über meinen Kopf gelegt wurde, dass er auf meinen Schultern ruhte. Das schien eine Art Signal zu sein, denn die Menge bewegte sich nun geschlossen zum Parkplatz. Alle rannten zu einer Gruppe von gleich aussehenden kleinen, weißen, kastenförmigen Autos, und sechs, acht, sogar zwölf von ihnen quetschten sich in einen Wagen, überall waren nur Arme und Beine zu sehen.
    Moody, Mahtab und ich wurden feierlich zu einem besonderen Wagen, einem großen, geräumigen, türkisfarbenen Chevy, Baujahr Anfang der siebziger Jahre, geführt. Wir nahmen auf dem Rücksitz Platz. Ameh Bozorg saß vorne neben ihrem Sohn, dem, weil er ihr ältestes männliches Kind war, die Ehre zukam, uns zu fahren. Zohreh, die älteste unverheiratete Tochter, saß neben Mutter und Bruder. In dem mit Blumengirlanden geschmückten Auto führten wir die lärmende Prozession vom Flugplatz weg. Wir fuhren direkt um den gigantischen Schayad-Turm herum, der auf vier elegant geschwungenen Füßen stand. Fahlgrau mit eingelegten türkisfarbenen Mosaiken strahlte er in der Mittagssonne. Er war vom Schah erbaut worden, als ein erlesenes Beispiel persischer Architektur. Moody hatte mir erzählt, dass Teheran für diesen eindrucksvollen Turm berühmt war, der wie ein Wächter am Rande der Stadt stand. Am Turm vorbei, bogen wir auf eine Schnellstraße ab. Hossein trat das Gaspedal durch und beschleunigte den alten Chevy auf einhundertdreißig Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit.
    Als wir so dahinrasten, drehte Ameh Bozorg sich plötzlich um und warf mir ein in Geschenkpapier eingepacktes Paket zu. Es war schwer. Ich sah Moody fragend an. »Mach es auf!«, sagte er. Ich öffnete es und fand einen großen langen Mantel, der mir bis zu den Knöcheln reichen würde. Er war überhaupt nicht modisch geschnitten, besaß nicht den leisesten Ansatz einer Taille. Wie Moody mir erklärte, war das Gewebe eine teure Wollmischung, aber es fühlte sich eher wie Nylon oder ein anderer Kunststoff an. Es war ziemlich dünn, aber so eng gewebt, dass es die Sommerhitze bestimmt noch verstärken würde. Ich fand die Farbe schrecklich: ein helles Oliv-Grau. Ich entdeckte auch ein großes, grünes Kopftuch, viel dicker als das, was ich trug. Ameh Bozorg lächelte über ihre Großzügigkeit und sagte etwas, was Moody übersetzte: »Der Mantel heißt Manto. Den tragen wir hier. Das Kopftuch heißt Rusari. Im Iran musst du das immer tragen, wenn du aus dem Haus gehst.« Das hatte man mir vorher nicht gesagt. Als Mammal, der vierte Sohn von Baba Hadschi und Ameh Bozorg, diese
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