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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter
Autoren: Betty Mahmoody
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wusste zwar, dass die Frauen im Iran ihre Arme, Beine und ihre Stirn verhüllen mussten, aber ich war überrascht, zu sehen, dass alle weiblichen Flughafenangestellten ebenso wie die meisten weiblichen Passagiere fast vollständig in etwas eingehüllt waren, was Moody als Tschador bezeichnete. Ein Tschabor ist ein großes halbmondförmiges Tuch, das um Schultern, Stirn und Kinn gewunden wird und nur Augen, Nase und Mund freilässt. Das Resultat erinnert an die Tracht einer Nonne aus vergangener Zeit. Die strenggläubigeren Iranerinnen ließen nur ein Auge hervorlugen.
    Frauen, die mehrere schwere Gepäckstücke in einer Hand trugen, weil sie die andere dazu brauchten, das Tuch unter dem Kinn zusammenzuhalten, huschten durch den Flughafen. Die langen, fließenden, schwarzen Stoffbahnen ihrer Tschadors bauschten sich weit. Am meisten faszinierte mich die Tatsache, dass der Tschador freiwillig getragen wurde. Es gab andere Gewänder, die die strengen Kleidungsvorschriften erfüllten, aber diese moslemischen Frauen hatten beschlossen, den Tschador trotz der erdrückenden Hitze noch über allen anderen Sachen zu tragen. Ich staunte über die Macht, die ihre Gesellschaft und ihre Religion auf sie ausübten.
    Wir brauchten eine halbe Stunde, um uns unseren Weg durch die Menge bis zur Passkontrolle zu bahnen, wo sich ein finster dreinblickender Beamter den iranischen Pass ansah, der uns alle drei auswies, ihn stempelte und uns durchwinkte. Dann folgten Mahtab und ich Moody eine Treppe höher um eine Ecke in die Gepäckausgabe, einem anderen großen, mit Passagieren vollgestopften Raum. »Mommy, ich muss mal.«, sagte Mahtab wieder und trat unruhig von einem Bein auf das andere. Auf Farsi fragte Moody eine verhüllte Frau nach dem Weg. Sie deutete auf das entgegengesetzte Ende des Raums und eilte geschäftig weiter. Mahtab und ich ließen Moody zurück, um auf unser Gepäck zu warten, und machten die Toilette ausfindig. Als wir uns dem Eingang näherten, zögerten wir, abgeschreckt durch den Gestank. Widerstrebend gingen wir hinein. Auf der Suche nach einer Toilette blickten wir in dem verdunkelten Raum umher, aber alles, was wir fanden, war ein Loch im Zementboden, inmitten einer flachen, ovalen Porzellanschüssel. Überall auf dem Boden lagen mit Fliegen übersäte Haufen, weil die Leute das Loch entweder nicht getroffen oder einfach nicht beachtet hatten. »Das stinkt ja widerlich!«, stieß Mahtab hervor und zog mich weg. Wir liefen schnell zu Moody zurück.
    Mahtabs Nöte waren offensichtlich, aber sie hatte keinen Antrieb, nach einer anderen öffentlichen Toilette zu suchen. Sie wollte lieber warten, bis wir im Haus ihrer Tante, Moodys Schwester, angekommen waren, einer Frau, von der er immer in ehrfürchtigem Ton sprach. Sara Mahmoody Ghodsi war die Matriarchin der Familie, die von jedem voll Respekt mit Ameh Bozorg, »ehrwürdige Tante«, angesprochen wurde. Es wird alles besser werden, wenn wir erst bei Ameh Bozorg zu Hause sind, dachte ich.
    Mahtab war erschöpft, aber sie konnte sich nirgendwo hinsetzen, sodass wir schließlich den Kinderwagen auseinander klappten, den wir als Geschenk für einen von Moodys neugeborenen Verwandten mitgebracht hatten. Erleichtert setzte sich Mahtab hinein.
    Während wir auf unser Gepäck warteten, für dessen Auftauchen es keinerlei Anzeichen gab, hörten wir einen schrillen Schrei, der in unsere Richtung kam. »Da'idschan!«, kreischte die Stimme. »Da'idschan!« Als er die Worte »lieber Onkel« auf Farsi hörte, drehte sich Moody um und rief einem Mann, der in unsere Richtung eilte, einen freudigen Gruß entgegen. Die beiden Männer umarmten sich mehrmals, und als ich Tränen auf Moodys Gesicht sah, hatte ich plötzlich ein schlechtes Gewissen, weil ich nur so zögernd in diese Reise eingewilligt hatte. Hier war seine Familie. Hier waren seine Wurzeln. Natürlich wollte, musste er seine Verwandten sehen. Er würde sich zwei Wochen an ihnen freuen, und dann würden wir wieder nach Hause fahren.
    »Das ist Zia.«, sagte mir Moody. Zia Hakim schüttelte mir herzlich die Hand. Er war einer von den unzähligen jungen männlichen Verwandten, die Moody unter dem praktischen Begriff »Neffe« zusammenfasste. Zias Schwester Malouk war mit Mostafa verheiratet, dem dritten Sohn von Moodys ehrenwerter älteren Schwester. Zias Mutter war die Schwester von Moodys Mutter, und sein Vater war der Bruder von Moodys Vater oder umgekehrt: die Verwandtschaftsverhältnisse wurden mir
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