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0097 - Das Höllentor

0097 - Das Höllentor

Titel: 0097 - Das Höllentor
Autoren: Dieter Saupe
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Zamorra«, sagte sie lächelnd.
    Fragend sah er sie an.
    »Ich bitte um eine Erklärung, Mademoiselle.«
    »Sehr gern, großer Meister. Da wir jetzt sofort der Ruhe pflegen müssen, habe ich mir erlaubt, nicht zwei Zimmer zu buchen, sondern ein Doppelzimmer. Ich darf dich erinnern, daß ich auch in privatem Sinn an deiner Nähe interessiert bin.«
    »Ein hübsches Kompliment, in der Tat«, meinte Zamorra. »Ich muß dir gestehen, daß ich mit deiner Lösung vollauf zufrieden bin.«
    Nach diesem kurzen erotischen Geplänkel wurden beide sofort wieder ernst. Koffer wurden gepackt. Zamorra und Nicole wählten vorwiegend leichte Kleidung, denn auch im Spätsommer ist es oft noch sehr heiß in Marokko. Aber auch ein paar wärmere Sachen fanden in den Koffern Platz. Man wußte, daß die Nächte wiederum peinlich kalt sein konnten.
    Zum Schluß, bevor er in sein Schlafzimmer ging, nahm Zamorra seinen vertrauten Begleiter an sich, der auf dem Kaminsims lag. Es war das wundertätige, geheimnisvolle Amulett aus dem Besitz seiner Väter. Schon oft hatte es ihn auf die richtige Fährte gebracht. Zamorra hoffte, daß es ihn und Nicole auch bei diesem neuen Abenteuer richtig führen werde.
    Das Amulett hing an einer dünnen Kette, die er sich um den Hals legte. Vor dem Einschlafen versuchte er sich die Bilder vorzustellen, die ihn erwarteten. Menschen in Burnus oder Fez, mit langen weißen Gewändern. Vor Kraft und Ungestüm strotzende Pferde und Reiter. Krumme Säbel und versteckte Waffen. Buntes Marktgewirr in den Städten.
    Und dann die Menschen in Haß und Rache. Berber und Araber.
    Eine Oase, die unverständlicherweise austrocknete. Deren Wasserspeicher von Tag zu Tag leerer wurden. Deren Pflanzen und Menschen eines Tages verdursten würden.
    Die Oase Talaf.
    Zamorra kannte die Bedeutung des Wortes nicht. Und in den Zeitungen war nichts davon erwähnt.
    Es war nicht viel, was der Professor aus den Zeitungen wußte. Junge Männer und Mädchen waren geraubt worden. Entführt — wohin?
    Raita war unter ihnen, die Tochter des Yamun.
    Zamorra sollte bald erfahren, daß auch Yamuns zweite Tochter, die schöne Faziah, geraubt worden war.
    Wie lange würde der Friede zwischen Berbern und Arabern noch halten? Würde es zu Gewalt und Mord kommen, bevor er einschreiten konnte?
    Zamorra beschloß, sich zuerst Gewißheit über die Hintergründe der Entführungen zu verschaffen. Sein erstes Ziel war die Oase Talaf und Yamun, der Vater und Herr der Sippe.
    Bald war der Professor eingeschlafen. Mechanisch hatte er mit der linken Hand sein Amulett umfaßt. Er hielt es so, Stunden hindurch, während der ganzen Zeit seines Schlafs, aus dem er tatendurstig erwachte.
    ***
    »Nicht umsehen«, sagte Zamorra wenige Stunden später, als er mit Nicole den Flughafen von Rabat verließ.
    »Was ist?« fragte das Mädchen.
    »Ich habe das Gefühl, daß wir beobachtet werden«, gab der Professor zurück.
    »Wir? Hier? Uns kennt doch hier niemand«, erwiderte sie ungläubig.
    »Vielleicht doch«, gab er zurück. »Ich bin jetzt ganz sicher. Es sind Blicke hinter uns, die ich körperlich fühlen kann. Blicke, scharf wie Dolche.«
    »Und wer sollte einen Anlaß haben, uns zu beobachten oder gar zu verfolgen?«
    »Vielleicht erfahren wir es bald«, gab er unsicher zurück.
    Am Flughafen hatte sich Zamorra die Anschrift eines Autoverleihs geben lassen. Sie nahmen zunächst ein Taxi und ließen sich dorthin fahren. Bald war ein passender Wagen gemietet, ein prächtiger Peugeot SL V6, der ihnen gute Dienste tun würde.
    Als sie in den Wagen stiegen, sah Zamorra den Mann, der sie belauerte. Nach der Kleidung war es ein Araber. Aber es konnte ebensogut ein Berber oder ein verkleideter Beduine sein.
    Nun war Zamorra vollends auf der Hut. Der Fremde stand keine zehn Meter von ihnen entfernt. Er tat so, als besah er sich die Auslagen eines Schaufensterss. So konnte Zamorra das Gesicht nur im Spiegelbild sehen, nicht ganz deutlich.
    Die wenigen Sekunden, die Zamorra dieses Gesicht sah, genügten aber vollkommen, um sich diese Züge für immer einzuprägen.
    Der Mann sah wie siebzig aus, konnte aber wesentlich jünger sein.
    »Da drüben ist er«, sagte der Professor zu Nicole. »Sieh nicht hinüber. Ich habe ihn ihm Visier gehabt und würde ihn immer wiedererkennen.«
    »Wer mag das nur sein?« fragte das Mädchen.
    »Ich habe das Gefühl, daß er sich bald vorstellen wird«, sagte Zamorra so zuversichtlich wie neugierig. »Der Mann wird schon kommen, wenn er etwas
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