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0080 - Zanos, des Teufels rechte Hand

0080 - Zanos, des Teufels rechte Hand

Titel: 0080 - Zanos, des Teufels rechte Hand
Autoren: A.F. Morland
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Scheusal den Dolch in den Hals. Die Bestie schnellte herum. Zamorra krallte sich in ihr Fell. Dreimal stach er mit dem Silberdolch noch zu. Der Unhold rollte heulend über den Boden. Giftgrünes Blut quoll aus seinen tödlichen Verletzungen. Inmitten des zuckenden Fackelscheins erfolgte ein grauenvoller Todeskampf. Die Bestie wußte, daß es mit ihr zu Ende ging. Geifernd lag sie auf dem Rücken. Das dichte Tigerfell war gesträubt. Die bernsteinfarbenen Augen glühten dämonisch. Aus dem Tigerrachen flogen den Männern wüste Verwünschungen entgegen.
    Die Leute schauderten.
    Im nächsten Moment machte das Monster seinem unseligen Leben ein Ende. Brüllend hackte sich der Wertiger die dolchartigen Krallen in die Brust - und dann riß er sich selbst in der Mitte auseinander…
    Trivandrum konnte endlich - nach einem Jahr des namenlosen Grauens - wieder aufatmen. Es war Zamorras Verdienst. Ramon Code ließ es sich nicht nehmen, für den Parapsychologen eine rauschende Abschiedsparty zu geben.
    Etwas später war Nicole Duval der Meinung, es wäre besser gewesen, der Party fernzubleiben, denn in dieser Nacht erfuhr Professor Zamorra von Zanos, dem Herrn des Grauens…
    ***
    Weiß wie ein Laken war die Haut des Untoten. Mit starrem Blick schritt der lebende Leichnam den schmalen Pfad entlang, der durch das ansonsten recht unwegsame Dickicht führte. Scharfe Dornen ritzten seine Haut. Er blutete nicht. Immer tiefer drang er in den Urwald ein. Nachtvögel kreischten ängstlich auf und suchten mit schnellen Flügelschlägen das Weite.
    Über viele Meilen hatte der Verstorbene jenen dumpfen, unheimlichen Klang des Dämonengongs vernommen. Der schwere, vibrierende Ton war in seinen starren Körper eingedrungen und hatte ihn wieder zum Leben erweckt. Zu einem Leben, das nun Zanos, dem Herrn des Grauens geweiht werden würde.
    An dicht beisammenstehenden Papayabäumen wucherte grünes Moos. Dahinter versuchten sich Bambusgehölze zwischen hohen Farnen und Tamarisken zu behaupten. Der Pfad wurde schmaler und unwegsamer. Doch der Untote drängte sich kraftvoll weiter durch das Unterholz. Es gab nichts, das ihn hätte aufhalten können. Eine finstere Macht hatte ihm den Weg vorgezeichnet, den er zu gehen hatte.
    Hinter einer Gruppe von Mangobäumen erschien eine schmale Lichtung. Entschlossen trat der Untote in das fahle Mondlicht hinaus. Vor ihm ragten die Mauern eines von Wind und Wetter zerfressenen Tempels auf, der einst der Göttin Kali geweiht gewesen war. Schlinggewächse schienen den uralten Tempel wie Riemen zusammenhalten zu wollen.
    Ein rötlicher Schein erfüllte den Tempeleingang. Tiefes, geisterhaftes Gemurmel hüllte die alte Kultstätte ein. Mit festem Schritt ging der lebende Leichnam darauf zu. Seine gefühllosen Hände berührten die Reliefs, an denen er vorbeikam: grauenerregende Fratzen, von einem - wie es den Anschein hatte - wahnsinnigen Künstler geschaffen.
    Die kurze Berührung machte die Reliefs lebendig. Glutblitze flogen aus den steinernen Augen der Schreckensfratzen. Sie brannten tiefe Löcher in das Fleisch des Untoten, doch das störte diesen nicht.
    Das düstere Gemurmel wurde allmählich lauter. Der rötliche Schein hellte sich auf, je weiter der Untote in den Tempel hineinging. Die Wände waren mit kostbaren Fayencen verziert. Der Boden und die Decke bestanden aus rabenschwarzem Marmor, über den der lebende Leichnam mit patschenden Schritten ging.
    Augenblicke später betrat er eine große Säulenhalle.
    Seine toten Augen richteten sich auf den Gong, der ihn gerufen hatte.
    Er war am Ziel.
    ***
    Ramon Code überbot sich an jenem Abend an Gastfreundschaft und Liebenswürdigkeit. Der amerikanische Teehändler war ein großer, breitschultriger Mann, der, obwohl er nun schon seit fünfzehn Jahren in Indien wohnte, sein derbes texanisches Gehabe noch nicht abgelegt hatte. Code war stets rauh, aber herzlich. Sein sonnengebräuntes Gesicht und die wachsamen Augen strahlten vor Ehrlichkeit. Mißbrauchte jemand sein Vertrauen, so brach er zu dieser Person auf der Stelle die Beziehungen ab, selbst dann, wenn ihm dieser Schritt geschäftlich schadete.
    Die gesamte Prominenz von Trivandrum und Umgebung war gekommen, um Professor Zamorra zu seinem großartigen Sieg über den Wertiger zu beglückwünschen. Es wurden zahlreiche Dankesreden gehalten, die der Parapsychologe mit einem bescheidenen Lächeln entgegennahm. Das Festmahl bestand aus den erlesensten Gaumenfreuden Indiens. Anschließend wechselten die
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