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0056 - Das Ungeheuer von Loch Morar

0056 - Das Ungeheuer von Loch Morar

Titel: 0056 - Das Ungeheuer von Loch Morar
Autoren: Jason Dark
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Begriff Seekrankheit war für sie ein Fremdwort.
    Der am Bug sitzende Dan Dryer wandte den Kopf. »Wie geht es dir?«, schrie er Bob zu.
    McClure grinste verzerrt. »Habe mich noch nie besser gefühlt«, log er.
    Dan lachte. Und weiter tauchte er das Paddel ein und zog es mit kraftvollen Bewegungen durch. Am Heck tat sein Freund das gleiche. Die beiden Studenten paddelten synchron. Sie hatten lange genug geübt und waren ein gut aufeinander eingespieltes Team.
    Etwas Bammel hatten sie vor dem Wasserschöpfen. Aber noch war nicht so viel über Bord geschwappt, als dass es einen Grund zur Besorgnis gegeben hätte.
    Das Ufer, von dem aus sie gestartet waren, lag schon außerhalb des Sichtfeldes. Aber langsam schälten sich die Konturen des Westufers aus dem Gischtnebel.
    Der See war nicht sehr breit, dafür jedoch lang. Die jungen Männer kannten seine Maße, die Tücken und Fallen. Sie rechneten auch mit gefährlichen Strudeln. Nicht zum ersten mal wäre der See einem Boot zum Verhängnis geworden. Auf dem Grund des Sees sollten zahlreiche Wracks liegen. In den Jahrhunderten hatte der See sie regelrecht gefressen.
    Am meisten wurde über die Sträflingsgaleere gesprochen, die vor fast siebenhundert Jahren gesunken war. Es fand sich nur dürftiges Material darüber in den Archiven, aber dafür wurden die Legenden mehr und mehr ausgewalzt.
    Der Count of Ferryguard soll auf diese Weise seine gesamte Verwandtschaft ums Leben gebracht haben. Er war als grausamer Tyrann verschrien und soll sich der Schwarzen Magie verschrieben und einen Pakt mit den Druidenpriestern geschlossen haben. Aber das waren Legenden, doch hin und wieder lebten sie auf. Immer dann, wenn ein Schiff nicht mehr zurückkam. Angeblich sollen sich die Sträflinge, also die Verwandten des Counts, die Seelen der Menschen geholt haben.
    Alte Geschichten gab es in Schottland genug. Jede Stadt, jedes Dorf und manchmal sogar jedes Haus hatte seine eigene Horror-Geschichte parat.
    Wer daran glaubte, war durch nichts vom Gegenteil zu überzeugen, die jüngeren Menschen lachten oft darüber.
    Wie auch Bob McClure und Dan Dryer.
    Längst waren sie nass. Das Ölzeug glänzte wie mit Fett eingerieben, aber in ihren Gesichtern stand der ungebrochene Mut zu lesen, dass sie es packen wollten.
    Was unsere Vorfahren konnten, das können wir auch. So lautete ihre Devise. Immer wieder stachen sie die Paddel in die See. Sie trieben das Boot voran, ließen sich auch durch Rückschläge nicht beirren und arbeiteten weiter.
    Doch die Gefahr lauerte bereits auf die beiden jungen, mutigen Männer. Urplötzlich schlug sie zu, und von einer Sekunde zur anderen wurde die Bootsfahrt der Studenten zu einem Kampf auf Leben und Tod.
    Der Einbaum geriet in einen Strudel…
    »Pass auf!«, brüllte Dan Dryer noch, aber es war bereits zu spät.
    Mit dem Bug tauchte der Einbaum ein. Wasser gischtete über, und gleichzeitig begann sich der Einbaum zu drehen. Wie ein Karussell wirbelte er um die eigene Achse.
    Die beiden Studenten kämpften dagegen an. Sie stachen ihre Paddel in das kochende Wasser, versuchten, das Boot aus dem Strudel herauszubringen, doch ohne Erfolg.
    Die Macht des Wassers war stärker.
    Der Strudel wurde zu einem Wirbel, der sich rasend schnell drehte und dabei einen regelrechten Trichter bildete, der senkrecht in die Tiefe des Sees stieß. Er drohte, den Einbaum zu verschlingen…
    Dan Dryer brüllte etwas, doch sein Freund verstand nicht. Eine ungeheure Kraft presste ihn gegen die Bordwand. Er sah nur die graugrünen Wellen, den reißenden Strudel, wurde hineingerissen in die kochende Hölle und wunderte sich, dass sie noch nicht gesunken waren.
    Das Boot schwamm.
    Aber dann geschah es.
    Bob McClure sah das Ungeheure zuerst. Dicht neben der Bootswand schob sich etwas aus dem Wasser. Es war eine Hand.
    Blitzschnell packte sie zu…
    Entsetzt starrte McClure auf die Hand, deren Finger sich um die Bordwand klammerten.
    Grüne Finger mit ebenfalls grünlich schimmernden, durchsichtigen Schwimmhäuten dazwischen. Wem gehörte die Hand? Einem Monster? Einem Menschen?
    Bob McClure hielt den Atem an. Er wischte sich über die Augen, doch das Bild blieb.
    Es war kein Traum. In der Tiefe musste irgendetwas Schreckliches lauern, das jetzt an die Oberfläche stieg.
    Vergessen war der mörderische Strudel, in dem sich Bob McClure und sein Freund befanden. Für den am Heck sitzenden jungen Mann zählte nur noch das Unheimliche, das dort aus der unergründlichen Tiefe des Loch Morar
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