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0048 - Ausflug ins Jenseits

0048 - Ausflug ins Jenseits

Titel: 0048 - Ausflug ins Jenseits
Autoren: Walter Appel
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Simpson antwortete verbindlich: »Keineswegs, Sir. Für Sie ist selbstverständlich ein Platz im Bus frei. Ich nehme an. Sie wollen für die Übernachtungen Doppelzimmer haben?«
    »Allerdings.«
    »Wird sofort geregelt. Schottland wird Ihnen sicher sehr gefallen. Besonders Argyll Castle.«
    ***
    Um diese Zeit, nach Feierabend bei New Scotland Yard, stand ich in meinem Apartment im Süden Londons unter der Dusche. Ich brauste meinen Luxuskörper abwechselnd kalt und heiß, um die schlafenden Lebensgeister nach einem langen Bürotag zu wecken. Meist war ich in einem brisanten Fall auf Achse, doch ab und zu ergab es sich auch mal, dass ich einige Tage in meiner Dienststelle verbrachte.
    Ein Schreibtischhengst war ich nie gewesen. So ein Tag schaffte mich regelmäßig. Die kleinen Flirts mit meiner Sekretärin Glenda Perkins entschädigten mich nicht. Mein Chef, Superintendent Powell, schritt wie auf Wolken umher, seit er es endlich geschafft hatte, in den niederen Adelsstand erhoben zu werden.
    Dass er nicht verlangte, dass jeder ihn mit Hofknicks grüßte, war alles.
    Für den Abend hatte ich allerhand vor. Zunächst wollte ich mit Jane Collins, der hübschesten Privatdetektivin des Britischen Empires, essen gehen. Das weitere würde sich dann ergeben. Das Wasser brauste, und ich sang laut »God shave the Queen.«
    Nicht den Originaltext, aber auch ganz lustig.
    Das hartnäckige Schrillen des Telefons unterbrach meine gesanglichen Darbietungen. Als ich die Dusche abstellte, hörte ich es deutlicher. Es klingelte und klingelte.
    Ich wickelte mir ein Handtuch um die Hüften und spurtete tropf nass ins Wohnzimmer. Eine Spur von nassen Fußstapfen und Wassertropfen blieb hinter mir zurück.
    »John Sinclair«, meldete ich mich am Hörer.
    Es war der Portier des Apartmenthauses, in dem ich wohnte.
    »Da sind zwei Herren aus Prag bei mir, Mr. Sinclair«, sagte er. »Sie wollen Sie dringend sprechen. New Scotland Yard schickt sie her, sagen sie.«
    »Aus Prag?« Ich erwartete niemanden. »Geben Sie sie mir an den Apparat, bitte.«
    Eine Fistelstimme meldete sich in merkwürdigem Englisch.
    »Hier spricht Professor Hieronymus Adolf Melibocus. Ich muss dringend mit Ihnen reden, Mr. Sinclair, ich bin extra von Prag mit meinem Mitarbeiter Fitz Fitzgerald hergeflogen.«
    Ich frage mich, ob mich da einer auf den Arm nehmen wollte.
    »Und was wollen Sie von mir, Professor? Soll ich den Wenzelsplatz in Prag vermessen?«
    »Es besteht nicht der geringste Anlass zum Scherzen, Mr. Sinclair. Es handelt sich um eine äußerst dringliche Angelegenheit, die in Ihren beruflichen Bereich fällt. Ich wurde über Ihre Dienststelle und Ihre Person vom Auswärtigen Amt informiert. Als ich zu New Scotland Yard kam, hatten Sie das Büro leider schon verlassen. Nachdem der tschechische Konsul zurückrief, erhielt ich Ihre Privatadresse, und jetzt bin ich hier.«
    »Das ist mir klar, Professor Melibocus.«
    »Melibocus, wenn ich bitten darf. Hieronymus Adolf Melibocus. Anthropologe, Parapsychologe und Dämonologe, zur Zeit Privatgelehrter.«
    »Also schön, Professor Melibocus. Gedulden Sie sich bitte zehn Minuten, dann hole ich Sie ab.«
    Ich frottierte mich rasch ab, zog mich an und kämmte mein blondes Haar. Bei New Scotland Yard leitete ich als Oberinspektor eine Spezial-Abteilung. In bestimmten Kreisen war ich als der Geisterjäger bekannt, das hieß im Klartext, dass ich die Dämonen und Mächte der Finsternis bekämpfte.
    Dabei ging es oft hart auf hart. Die sichelförmige Narbe auf meiner rechten Wange erinnerte mich immer wieder an einen meiner gefährlichsten Gegner, den Doktor Tod, der sogar mal einen Doppelgänger von mir geschaffen und gegen mich eingesetzt hatte. Ich maß über einsachtzig, und war schlank und durchtrainiert.
    Fitness war bei meinem Job lebenswichtig.
    Es waren noch keine zehn Minuten verstrichen, als ich in der Halle unten aus dem Lift stieg. Meine beiden Besucher saßen in den Sesseln vor der Wand links vom Eingang, gegenüber dem Pult des Portiers. Sie hatten zwei ungeheure Koffer und drei Reisetaschen mitgebracht.
    Als der Portier zu mir herschaute, erhoben sie sich.
    Ich stockte, zwei solche Gestalten hatte ich selten gesehen. Der Professor überragte mich um fast einen Kopf, obwohl ich nicht zu den Kurzen zähle.
    Sein Gesicht war hager, und die Hakennase darin hatte eine Größe, dass einem angst und bange werden konnte. Der Professor kleidete sich ganz in grauen Tweed, so wie der selige Literatur-Detektiv
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