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0046 - Das Haus der Verfluchten

0046 - Das Haus der Verfluchten

Titel: 0046 - Das Haus der Verfluchten
Autoren: Mario Werder
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das Haupt gebeugt, aber er sagte nichts mehr.
    »Du wirst zum Tode durch den Strang unter Beachtung aller bannenden und beschwörenden Maßnahmen verurteilt!«
    Immer noch lag der Mann reglos auf dem Schlosshof. Seine Frau kam einen Schritt näher und wurde sofort von den Schwertern der Bewacher am Weitergehen gehindert.
    »Wir zeigen ihnen, wie ein Hugenotte stirbt! Es ist nicht unser Glaube, es ist das Land, das unser ist! Darum werden wir verurteilt! Das ist der wahre Grund unseres Sterbens! Sag, Mönch, wie viel erhältst du? Wie viel erhält die Kirche von den acht Morgen besten Ackers, der unser ist?«
    Ein Schlag mit der flachen Seite des Schwertes ließ die Frau verstummen.
    Aber der Mann war aufgerüttelt worden. Er erhob sich und trat ruhig zur Seite.
    Der Mönch gab einen Wink mit der Hand.
    Die bewaffneten Männer, ebenfalls in Kettenhemden gekleidet, führten ihn in den Hintergrund.
    Die beiden anderen Mönche liefen eilfertig herbei.
    Marie Renards Schultern bewegten sich in krampfhaftem Zucken.
    Jetzt trat einer der Ritter gegen einen Balken, und im nächsten Moment war das Urteil an Jaques Fourier vollstreckt.
    Nur das Gemurmel der beiden Mönche war zu hören.
    Flammen loderten im Hintergrund auf, und die Tochter des eben Gehenkten wurde fortgezerrt.
    Sie erstarrte, als sie die glühenden Stämme sah, und ließ sich zusammensinken. Dann aber schien sie sich zu fassen und gewann wieder Gewalt über sich.
    Widerstandslos ließ sie sich bis auf die Treppe führen.
    Sie starrte einen Moment wild um sich, dann riss sie sich los und sprang mit einem gewaltigen Satz in die Flammen.
    »Und nun zu dir, Madeleine Fourier«, rief der Mönch, »das Urteil lautet, dass du an Händen und Füßen gebunden wirst. Dann werden wir dich in den Teich des Schlosses werfen. Gehst du unter, bist du als einzige deiner Familie unschuldig. Treibst du aber oben, ist das ein Zeichen, dass du mit dem Satan im Bunde stehst und kommst ebenfalls auf den Scheiterhaufen!«
    Blitzschnell wurden der Frau die Hände und Füße gebunden.
    Jetzt erst sah Marie Renard den kleinen Teich im Hintergrund des Schlosshofes.
    Das Klatschen, mit dem die Frau in das Wasser gestoßen wurde, übertönte selbst das prasselnde Feuer des Scheiterhaufens.
    Ein Schrei stieg auf, um dann in einem Gurgeln zu verstummen.
    »Sie scheint unschuldig zu sein«, hörte Marie die erstaunte Stimme des Mönches.
    »Wer weiß, vielleicht ist auch das wieder nur eine ihrer Hexenkünste«, rief ein Mann, der eine wesentlich bessere Kleidung trug als die anderen.
    »Wahrscheinlich habt Ihr Recht, Baron«, sagte der Mönch und neigte das Haupt etwas.
    »Die Kirche ist dankbar, dass sie in Euch einen so dankbaren und treuen Anhänger hat. Gehen wir ins Schloss, es wird kühl hier drau- ßen.«
    Die Szene verschwamm wieder einmal vor Marie Renards Augen.
    Sie sah auf die Uhr und stellte fest, dass kaum dreißig Minuten vergangen waren. Es war kurz nach halb eins!
    Der Hof blieb dunkel, auch im Schloss war kein Licht zu sehen.
    Jetzt erhob sich eine Wolke vom Teich und schwebte langsam auf den Wagen zu.
    Gesichter schienen sich aus dem Dunst hervorzuheben, wurden aber nicht klar erkennbar.
    Wie in Trance öffnete Marie Renard die Tür des Citroën und stieg aus.
    Sie schloss die Tür nicht und ging langsam auf die Wolke zu.
    Die Gesichter wurden klarer.
    Ernste, leidgeprüfte Züge sahen auf die Frau hinab, die einsam mitten im Schlosshof stand.
    »Das letzte Urteil soll auch dein Urteil sein«, sagte ein Gesicht, das dem des eben gehenkten Mannes, Jaques Fourier, zum Verwechseln ähnlich sah.
    Marie Renard wehrte sich nicht. Sie war nicht mehr sie selbst. Mit langsamen Schritten ging sie auf den Schlossteich zu und merkte nicht, dass sie am Ufer plötzlich Fesseln an Händen und Füßen trug.
    Ein fast unmerklicher Stoß ließ sie in das eiskalte Wasser fallen.
    Für einen winzigen Augenblick kehrte ihr Bewusstsein zurück, aber sie konnte diesen Funken nicht festhalten und versank wieder in stumpfe Gleichgültigkeit.
    ***
    Der Verwalter des Schlosses Bradois stieß die Läden des Schlafzimmers auf und rief: »Jeanne, es ist Zeit!«
    Seine Frau öffnete die Augen, lächelte ihren Mann an und erwiderte: »Ja, ich wecke sofort die Frauen.« Dann kam sie aus dem Bett, streichelte ihrem Martin über das Haar und warf sich den Morgenrock über.
    Zuerst wurden die Mägde geweckt, sie hatten das Frühstück vorzubereiten.
    Der Verwalter weckte die Arbeiter und kümmerte sich um
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