Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0027 - Wir fingen den roten Delphin

0027 - Wir fingen den roten Delphin

Titel: 0027 - Wir fingen den roten Delphin
Autoren: Wir fingen den roten Delphin
Vom Netzwerk:
kleiner elektrischer Kocher und ein Wasserkessel. Er füllte den Kessel an der Wasserleitung und setzte ihn auf. Während wir darauf warteten, daß das Wasser kochte, fiel mir etwas ein.
    »Sheriff«, sagte ich. »Wo wurde eigentlich der Brief gefunden? In ihrer ledernen Schreibmappe? Warum lag er denn lose im Koffer zwischen ihren Kleidern?«
    »Da muß ich im Protokoll nachsehen. Die Mordkommission hat eine genaue Liste Über jeden Gegenstand angelegt, wo er lag, in welchem Zustand er sich befand und so weiter. Einen Augenblick!«
    Er zog die Liste zu Rate. »Vor der Obduktion der Leiche wurde das Mädchen von einer unserer Zollbeamtinnen ausgezogen. Sie fand den Brief im Halsausschnitt des Kleides, das die Tote trug.«
    Ich machte ein überraschtes Gesicht.
    »Wieso?« wollte der Sheriff wissen. »Ist das so verwunderlich?«
    Ich gab ihm keine Antwort, sondern nagte nachdenklich an meiner Unterlippe. Dann fragte ich: »Suchen Sie im Verzeichnis ihrer Sachen nach, wo die Schreibmappe und der Füllhalter lagen, als man die Tote fand, Sheriff!«
    Wieder machte sich der Sheriff über die Liste her, in der jede einzelne Haarnadel aufgeführt war. Endlich hatte er gefunden, was mich interessierte, und er las vor.
    »Gegenstand: eine dunkelbraune, lederne Schreibmappe üblicher Größe. Angefüllt mit unbeschriebenem Briefpapier und zwei Dutzend neutralen Umschlägen. Mappe und Papier wiesen nur die Fingerspuren der Toten auf. Die Mappe lag auf dem kleinen Schreibtisch an der linken Stirnwand im Wohnzimmer des von der Toten bewohnten Bungalows. Gegenstand: ein Füllhalter, Marke Parker 51, Standardausführung. Er lag schreibbereit auf der aufgeschlagenen Briefmappe…«
    Ich nickte. »Genauso hatte ich mir die Sache gedacht«, brummte ich. »Sie war im Begriff, diesen Umschlag zu adressieren. Plötzlich wurde sie gestört. Vielleicht sogar von dem Mörder selbst. Sie hatte keine Zeit mehr den Brief zu verstecken, und tat, was alle Frauen in dieser Situation tun: sie schob den Brief in den Halsausschnitt ihres Kleides. Es gab außer dieser Möglichkeit nur noch eine andere: Der Inhalt des Umschlages war ihr so wichtig, daß sie ihn ständig bei sich trug. In diesem Falle müßte der Umschlag stark zerknittert sein. Da er es nicht ist, kann sie ihn nicht lange auf der Brust getragen haben. Außerdem beweist der aufgeschraubte Füllhalter, daß sie schreiben wollte. Aber ich sehe, daß das Wasser kocht. Machen wir uns über den Umschlag her! Haben Sie eine Pinzette, Sheriff?«
    Er gab mir eine. Phil und der Sheriff standen gespannt um den Wasserkessel herum, während ich den Umschlag in den aufsteigenden Wasserdampf hielt. Allmählich konnte ich mit der Pinzette die Verschlußlasche lösen. Dann gingen wir zurück zum Schreibtisch des Sheriffs, und ich ließ den Inhalt des Umschlages herausgleiten, ohne ihn zu berühren. Mit der Pinzette faltete ich den ersten Bogen auseinander. Er war mit Schreibmaschine beschrieben und hatte folgenden Wortlaut:
    »Werte Miß Martens. Wir senden Ihnen anbei zwei Fotos. Sie werden erkennen, daß es Bilder von Ihnen sind. Wir haben noch 16 ähnliche Aufnahmen. Wenn Sie daran interessiert sind, daß diese Bilder nicht im Klatsch-Magazin von Miami abgedruckt und einzeln an gewisse Hotelgäste verteilt werden, dann machen Sie innerhalb einer Woche 5000 Dollar flüssig - in kleinen Scheinen natürlich. Sie erhalten sämtliche Bilder und Negative an dem Tag, an dem Sie uns die gewünschte Summe zahlen. Wir werden uns wieder melden. Der rote Delphin.«
    Wir sahen uns an. Der Text war eindeutig. Phil sprach es aus: »Also Erpressung. Mach weiter, Jerry! Der Brief ist Gold wert. Wenn wir ihn nicht in den Sachen gefunden hätten, könnten wir womöglich wochenlang umsonst nach dem Mörder fahnden. Jetzt haben wir den ersten brauchbaren Anhaltspunkt.« Ich nickte und faltete mit der Pinzette das zweite Blatt Papier auseinander. Zwei kleine Fotos fielen auf den Schreibtisch. Sie zeigten eine unbekleidete Frau.
    »Ist das Miß Martens?« fragte ich den Sheriff.
    Der musterte eine Sekunde lang das Gesicht der abgebildeten Frau.
    »Ja, kein Zweifel. Das ist sie.«
    Wir beugten uns über das zweite Blatt und lasen:
    »Lieber Daddy, ich habe einen herrlichen Urlaub hier. Wie ich Dir schon schrieb, habe ich mir einen wunderschönen Bungalow gemietet, der ein Glasdach und eine gläserne Rückwand hat. Zuerst hielt ich das für ungefährlich. Durch das Dach kann keiner hereinsehen, weil es hier in der näheren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher