Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0023 - Bei Vollmond kommt das Monster

0023 - Bei Vollmond kommt das Monster

Titel: 0023 - Bei Vollmond kommt das Monster
Autoren: Holger Friedrichs
Vom Netzwerk:
verschränkten Armen vor dem Türrahmen gestanden und zugeschaut. Jetzt nickte Sanchini ihnen zu. Sie kamen herüber und hielten Mauro fest, damit er nicht strampeln und zucken konnte, während der Chefarzt ihm die Spritze gab. Er verabreichte sie intravenös. Mauros Arme und Beine wurden innerhalb weniger Sekunden schlaff. Sein Atem ging langsamer; die Augen hatten sich geschlossen.
    Sie verließen den Raum und kehrten in das Erdgeschoss zurück.
    »Dieser Patient ist mir, ehrlich gesagt, ein Rätsel«, gab Sanchini zu.
    »Ich würde gern deine Meinung darüber hören, Zamorra. Was würdest du an meiner Stelle tun?«
    Der Professor blieb stehen. »Da du mich so offen danach fragst, Aldo: Ich würde ein Tonband unter seinem Bett verstecken und es einschalten, damit es Stimmen und Geräusche aufnimmt, die ausbleiben, solange sich einer von uns in jenem Raum befindet.«
    »Aber…«
    »Ich weiß, wie du darüber denkst«, lächelte Zamorra. »Du hältst es für ausgeschlossen, dass sich ausgerechnet während meiner Anwesenheit in Monte Ciano etwas Übersinnliches ereignen soll.«
    »Ich halte das grundsätzlich für ausgeschlossen«, berichtigte der Chefarzt.
    »Trotzdem – einen besseren Rat kann ich nicht geben. Hast du ein Tonbandgerät?«
    »Ja.« Sanchinis verdrossene Miene hellte sich unvermittelt auf.
    »Gino, kommen Sie bitte mit zu mir und tragen Sie den Apparat von meinem Arbeitszimmer in Mauros Schlafraum. Ich möchte Zamorra den Beweis dafür liefern, dass gewisse Dinge wissenschaftlich unmöglich sind.«
    Modena zog ein leicht verstörtes Gesicht. Bei der Rückkehr zum Haus des Chefarztes machte er nur einsilbige Bemerkungen. Etwas später klemmte er sich das tragbare Aufnahmegerät unter den Arm, grüßte knapp und eilte die Treppe hinunter. Im Flur drehte er sich noch einmal um, um Zamorra mit einem argwöhnischen Blick zu bedenken.
    Sanchini stand neben seinem Gast auf der Balustrade. »Deine Ideen stoßen hier nicht auf sehr viel Widerhall, Zamorra. Tut mir Leid, aber man kann nun einmal nicht voraussetzen, dass die Menschen an Mystik, Geister und Magie glauben.«
    »Ich habe nichts anderes erwartet, Aldo.«
    »Bist du immer noch fest davon überzeugt, dein Buch schreiben zu müssen?«
    »Fester denn je.«
    Sanchini zuckte die Achseln. »Ich kann und will dich nicht davon abbringen, denn es würde wahrscheinlich unsere Freundschaft zunichte machen.«
    Plötzlich hob er den Kopf. Auch Zamorra konnte nun von oben her durch eines der Flurfenster die Scheinwerfer des Wagens ausmachen. Er hielt vor dem Eingang. Die Lichter wurden ausgemacht.
    »Das ist Silla«, meinte Sanchini. »Er kommt wie versprochen, um an unserer Diskussion teilzunehmen. Mache dich darauf gefasst, dass er die Dinge ähnlich wie ich sieht. Er ist praktischer Arzt, wohnt in Vigliani und kümmert sich um die Dorfbewohner, aber privat beschäftigt er sich mit Psychiatrie.«
    »Ich habe den Eindruck, ich soll ins Kreuzverhör genommen werden«, entgegnete Zamorra mit ironischem Unterton. »Aber nur zu – ich weiß mich zu verteidigen.«
    Beide Männer nahmen den Dorfarzt Angelo Silla vor dem Haus in Empfang. Der Mann stieg aus einem nagelneuen Fiat 131 Mirafiori.
    Er war kleiner als Zamorra und Sanchini; ein leicht untersetzter blonder Brillenträger mit freundlichem Gesicht.
    ***
    Gino Modena hatte das Tonband unter das Bett des Geisteskranken geschoben, hatte auf die Ein-Taste gedrückt und den Schutzdeckel wieder zugedrückt. Zum Glück besaß das Gerät Batterien, denn Steckdosen gab es in dem Raum nicht.
    Modena prüfte die Fesselung des Patienten. Er fühlte seinen Puls, befand ihn als normal und verließ das Zimmer.
    Er kehrte mit der festen Überzeugung in den Nachtwachenraum zurück, Mauro werde unter dem Einfluss des Arzneimittels bis zum Morgen durchschlafen. Aber das war eine Täuschung.
    Wenige Minuten, nachdem der Pfleger gegangen war, öffnete Mauro die Augen. Dies geschah sehr schwerfällig. Immer wieder wollten die Lider zufallen. Aber es war die nackte Angst, die quälende Gewissheit, nicht in Ruhe gelassen zu werden, die ihn aus dem Tiefschlag riss und zwang, in den matt erleuchteten Raum zu starren.
    Und jäh kam wieder die Stimme!
    »Mauro«, flüsterte sie, »jetzt habe ich dich endlich so weit. Du kannst dich nicht mehr wehren, nicht einmal mehr schreien wirst du, weil ich dich beherrsche und mir deinen Körper zunutze mache.«
    »Nein«, sagte Mauro. Aber es war nur noch der Ausdruck eines winzigen Restes von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher