Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0016 - Ich gewann die letzte Runde

0016 - Ich gewann die letzte Runde

Titel: 0016 - Ich gewann die letzte Runde
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
kehrte zu Phil zurück, der noch las.
    »Los«, sagte er, »ich übernehme einen Teil deiner Wache. Ich möchte auch etwas von dem Glanz der großen Welt sehen.« Ich war einverstanden und legte mich auf den Diwan. Ich duselte ein wenig ein, schlief dann aber doch volle vier Stunden, denn als Phil mich weckte, hatte er schon zwei Rundgänge vollendet.
    »Das Fest ist beendet«, erklärte er. »Der nächste Rundgang ist deine Sache.«
    Ich rappelte mich schlaftrunken hoch und griff nach Hut und Taschenlampe. Die Lichter in der Villa waren erloschen. Ich schauderte in der Kühle der Nacht und ging schneller. Die Taschenlampe ließ ich nur hin und wieder aufblitzen. Ich kannte inzwischen jeden Weg im Park und fand ihn auch in völliger Dunkelheit.
    Gewöhnlich gingen wir von unserem Pavillon zu den Wirtschaftsgebäuden, um diese Gebäude herum bis zur Mauer, dann an der Mauer entlang bis zum Tor. Von dort den Hauptweg zur Botschaft und wieder zurück zum Pavillon.
    Ich trottete diese Straße, und ich will Ihnen gern gestehen, daß ich nicht besonders aufpaßte. Nacht für Nacht die gleiche Tour, ohne daß etwas geschieht, das stumpft ab.
    Ich ging an den Garagen vorbei, um sie herum, passierte die Rückfront des Dienerflügels, ließ meine Taschenlampe kurz aufblitzen und ging dann weiter.
    Die Zweige eines Strauches berührten meinem Rücken, denn der Weg war hier nur sehr schmal. Ich rieb mir den Nacken, der vom Tau feucht geworden war.
    In diesem Augenblick preßte sich eine Hand auf meinen Mund. Mit sicherem Griff wurden meine Arme nach hinten und hoch gerissen. Ich hörte die Taschenlampe fallen, die Zweige rauschten.
    Eine Stimme flüsterte scharf: »Tob, komm her! Hier ist er!«
    Ich kam zu Verstand und schüttelte mich, um sie loszuwerden. Sie kriegten Schwierigkeiten mit mir.
    »Tob!« zischte es wieder. »Mensch, beeil dich.«
    Wieder rauschten die Zweige. Ich hörte stampfende Tritte auf dem Weg, dann wuchtete etwas vor mir hoch wie ein Berg, aber ein Berg, der die Gestalt eines Mannes hatte. Ich sah nur Umrisse, Schatten gegen etwas helleren Himmel. Der Berg reckte einen Arm, als wolle er die Sterne vom Himmel holen. Vor meinen Augen sprühte ein Funken. Meine Knie wurden weich. Ich fiel und hatte dabei das Gefühl, tief in ein grundloses Meer zu versinken.
    ***
    Als ich die Augen wieder öffnete, hatte ich keine Ahnung, ob seit dem Niederschlag fünf Minuten, fünf Stunden oder fünf Tage vergangen waren. Mein Schädel dröhnte. Ich lag ganz still, schloß die Augen wieder und überlegte, was passiert war, und probierte meine Glieder. Gefesselt war ich nicht, also vermutlich handlungsfähig. Ich öffnete die Augen erneut. Offenbar lag ich seitlich vom Weg im Gras. War das da unmittelbar vor meinen Füßen ein Busch? Ich bemühte mich, schärfer zu sehen. Verdammt schwierig in der Dunkel heit. Eigentlich sah es aus wie ein Mensch. Oder doch ein Busch? Je länger ich hinstarrte, desto weniger Einzelheiten sah ich. Ich beschloß, es für einen Menschen anzusehen. Wenn es dann doch ein Strauch war und ich einen harten Schwinger in die Zweige schlug, so brauchte ich ja niemandem von meiner Blamage zu erzählen.
    Es war aber ein Mensch!
    Der Kerl bewachte meine Reglosigkeit mit einer Kanone in der Hand.
    Er konnte den leisen Ausruf des Erschreckens nicht unterdrücken, als ich ihn so plötzlich anging, aber er war geschmeidig. Er wich zurück. Mein Hieb traf nur seine Schulter, riß ihn trotzdem von den Beinen, warf ihn in den nächsten Strauch. Ich hechtete hinterher. Zweige peitschten mein Gesicht, Äste krachten unter dem Gewicht meines Körpers, aber meine Hände faßten nur Erde und Blätter. Der Bursche, den ich packen wollte, war wie durch Zauberei verschwunden.
    Ich stützte die Hände auf, wollte mich hochrappeln. Meine Finger fühlten etwas Kühles, Metallenes. Ich griff zu. Die Taschenlampe. Sie brannte noch. Ich faßte nach dem Halfter. Hallo, mein 38er war auch noch da. Jetzt sprang ich vollends auf die Füße, brach durch das Gebüsch auf den Parkweg, stand still und orientierte mich.
    Rechts vor mir lagen die Wirtschaftsgebäude, dahinter ragte die Rückfront der Botschaft.
    Ich lauschte. Es war still. Der Wind säuselte in den Blättern, sonst nichts. Dann zuckte ich zusammen. Ganz in meiner Nähe stieß ein Nachtkauz sein klägliches ›Kiwitt‹ aus, aber ich wollte verdammt sein, wenn das ein echter Vogelruf war.
    Geduckt und sprungbereit, den 38er in der Linken, die Taschenlampe in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher