Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0013 - Geister-Roulett

0013 - Geister-Roulett

Titel: 0013 - Geister-Roulett
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Lippen. Die Schönheit des Gesichts hatte sich zur Maske verwandelt. Sie war zu einer gräßlichen Grimasse geworden.
    Wie ein alter Henkersknecht, so routiniert knüpfte Linda Blaine die Schlinge. Gelassen prüfte sie den Knoten. Es war alles klar.
    Beste Arbeit… Sie warf einen Blick auf den Bewußtlosen. Der Schlag war nicht sehr fest gewesen. William F. Masters hatte eine gute Kondition. Er mußte eigentlich gleich erwachen.
    Linda Blaine öffnete das Fenster. Beide Flügel zog sie auf. Frische Frühlingsluft strömte in das Zimmer und vertrieb den muffigen Geruch der alten Möbel.
    Linda Blaine kletterte auf die Fensterbank. Sie hatte hinter der Leiste mehrere stabile Haken entdeckt, die in die feste Decke eingeschossen waren.
    Die Haken hielten schon was aus.
    Auch einen Gehenkten…
    Linda legte das eine Ende der Kordel um den Haken und wand einen Doppelknoten. Sie ruckte ein paar Mal daran, prüfte die Festigkeit. Er saß richtig.
    Masters erwachte in diesem Augenblick. Rechtzeitig hörte Linda sein Stöhnen.
    Rasch war sie beim ihm und zerrte ihn hoch. Der Blick des Mannes war glasig. Linda merkte, daß es ein Fehler war, dem Mann die Füße zu fesseln. Sie löste die Knoten wieder.
    »Hoch mit dir. Los!«
    Masters begriff gar nicht. »Mein Kopf!« ächzte er. »Himmel, mein Kopf. Ich…«
    »Steh auf!« kreischte das Weib wild. »Los, verdammt. Und dann auf die Fensterbank.«
    Als der Mann nicht sofort gehorchte, trieb Linda ihn mit Schlägen auf das Fenster zu. Sie umfasste seine Hüften und hob den schweren Mann hoch. Erstaunlich die Kraft, die in ihr steckte.
    Masters wurde überrumpelt. Er fand auch nicht die Kraft, sich zu wehren. Er stand plötzlich auf der Bank, hielt sich noch am Fensterkreuz fest und bekam kaum mit, wie ihm die Frau die Schlinge über den Kopf streifte. Sie hatte sich dafür auf die Zehenspitzen stellen müssen.
    Als er es merkte, war es bereits zu spät. »Nein!« gurgelte er. »Nicht…«
    Linda zog die Schlinge so fest, daß Masters gerade noch sprechen konnte. Und das war wichtig.
    Hasserfüllt stieß sie die Fragen hervor. »Wer hat die Fotos? Rede, sonst stoße ich dich von der Fensterbank!«
    Der Wind spielte mit dem Haar des Mannes, zerzauste es. Masters sah die beiden dicken Ulmen vor dem Fenster. Die Äste trugen schon die ersten kleinen Blätter. Die Natur hatte die Kälte des Winters abgeschüttelt, erwachte zu neuem Leben.
    Und er sollte sterben!
    Erste schüchterne Sonnenstrahlen fielen in das parkartige Gelände des Gartens. Vögel zwitscherten.
    Die Stare waren bereits zurückgekehrt…
    »Rede, verdammt!«
    William Masters sog gierig die Luft ein. »Conolly«, würgte er. »Es war Bill Conolly…«
    »Danke!« Das Wort klang höhnisch. Wie ein Abschied.
    Beide Hände legte Linda Blaine gegen den Rücken des Mannes. Dann gab sie William Masters einen Stoß…
    ***
    »Wenn die Eier werden billiger, wenn die Mädchen werden williger, wenn dem Knaben juckt…«
    »Hör auf«, unterbrach ich meinen Freund Bill, »denk daran, du bist verheiratet.«
    Bill spielte den Zerknirschten. »Du gönnst mir auch gar nichts.«
    »Doch. Aber mit deinen schmutzigen Gedichten verdirbst du mir noch den Charakter.«
    »Was gibt es daran zu verderben?«
    Ich lachte. »Das sagst du. Aber was sagt ein Gesunder?«
    Wir vertrieben uns die Fahrt zu unserem Ziel mit Flachserei. Über London und der näheren Umgebung spannte sich wirklich ein strahlender Frühlingshimmel. Ein paar leichte weiße Wolken trieben unter dem Blau des Firmaments. Der Wind blies aus südlicher Richtung, brachte Wärme mit und ließ die Quecksilbersäule des Thermometers hochschnellen.
    Wir erreichten den Ort über eine der nördlichen Ausfallstraßen. Hornsey lebte im Schatten des Molochs London, hatte sich trotzdem seine ländliche Idylle bewahrt. Vielleicht rührte es daher, daß Hornsey eine reine Wohnstadt war. Fast jeder pendelte zu seinem Arbeitsplatz in der City.
    Die Straßen waren sauber. Wir sahen meist Frauen, die, beladen mit Einkaufskörben, in die Geschäfte gingen.
    Bei einem Polizisten erkundigte ich mich nach William F. Masters’ Adresse.
    »Das ist außerhalb, Sir«, erklärte mir der Beamte, dessen Uniform sich über dem Bauch spannte. »Sie müssen durch den Ort fahren und sich rechts halten. Nach etwa einer Meile zweigen zwei Straßen ab…«
    Er beschrieb mir den Weg ziemlich umständlich. Dafür jedoch zweimal. Bill schrieb sicherheitshalber mit.
    Wir bedankten uns bei dem freundlichen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher