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0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

Titel: 0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Zeit, aber ich habe nie bemerkt, daß dann etwas Besonderes stattfand. Ann Thomper und ich waren oft dabei. Natürlich war das Klubleben das Thema Nummer eins zwischen den Thompers und meiner Mutter, aber Ann und ich hörten dann kaum hin und sprachen von Dingen, die uns interessierten.«
    Phil beugte sich weiter vor.
    »Noch eine Frage«, sagte er, »und denken Sie genau nach. Ist Ihnen vierzehn Tage oder drei Wochen vor dem Tode an Ihrer Mutter etwas Besonderes aufgefallen?«
    Charlot dachte gehorsam angestrengt nach, schüttelte leicht den Kopf, hielt dann aber inne und antwortete: »Mutter war immer sehr unterschiedlicher Stimmung, wenn sie von den Sitzungen kam. Oft war sie schlecht gelaunt, und sie sprach dann von störenden Einflüssen, die die Zusammenkünfte beeinträchtigt hätten. Vierzehn Tage vor ihrem Tode nun kam sie noch spät nachts in mein Schlafzimmer, setzte sich auf die Bettkante und erzählte mir sehr glücklich, sie habe endlich den ›Meister‹ kennengelernt.«
    »Wo war das geschehen?«
    Charlot hob die Schultern. »Das weiß ich nicht. Ich wußte nie, zu welchem Klub Mama ging. Sie sagte auch nicht mehr.«
    Phil sah mich an. Ich nickte.
    »Geben Sie uns bitte eine Liste der Vereinigungen, zu denen Ihre Mutter gehörte.«
    »Diese Liste kann ich Ihnen geben«, sagte Arthur Freeber mit sonorer Stimme. »Durch mein Büro lief die Beitragszahlung. Wollen Sie bitte notieren.«
    Er nannte aus dem Kopf nicht weniger als elf Vereinigungen, denen Mrs. Canzer angehört hatte, nebst der Adresse. Phil schrieb mit.
    »Sie sind der Vermögensverwalter, Mr. Freeber?« fragte ich.
    Er nickte. »Gewiß, ich bin auch der Testamentsvollstrecker, selbstverständlich unter der Oberaufsicht des New Yorker Testamentsgerichtes.«
    »Alleinerbin ist Miss Charlot Canzer?«
    »Ja.«
    »Ohne irgendwelche Klauseln, die einer dritten Person Vorteile bieten?«
    »Ohne Klausel«, antwortete er und zeigte flüchtig lächelnd seine Zähne. »Es sei denn, Sie betrachten das Honorar, das mir als Vollstrecker zufließt, als einen Vorteil.«
    Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. »Um deutlich zu reden, Mr. Freeber. Keine fremde Person konnte also ein Interesse daran haben, daß Mrs. Canzer sich tötete?«
    »Ein geldliches Interesse nicht.«
    »Ein Interesse anderer Art?«
    »Was meinen Sie?« fragte er. »Sie haben mich mißverstanden. Ich betonte geldlich nur, um Ihre präzise Frage präzise zu beantworten.« Es war offensichtlich, daß er sich vor dem Mädchen produzieren wollte.
    Wir verabschiedeten uns, aber unter der Tür richtete ich noch eine Frage an das Mädchen: »Ihre Mutter wurde mit einem merkwürdigen Armband, einer Art Goldspirale, am Handgelenk auf gefunden. Haben Sie diesen Gegenstand schon öfters an ihr gesehen?«
    »Nie«, antwortete Charlot, und dann setzte sie einen Satz hinzu, der mir wahrhaftig zu ihr zu passen schien: »Mama hatte sicher ihre Gründe, als — als sie — es tat. Man sollte vielleicht nicht danach forschen.«
    Darauf konnten wir nur eine Verbeugung machen. Die Gründe eines Todes, den er für gewaltsam hielt, nicht zu erforschen, das war für einen G-man ein geradezu unmögliches Ansinnen.
    Als zweiter Besuch stand Ann Thomper auf unserem Programm. Sie wohnte in der gleichen Ecke wie die Canzers, nur ein paar Straßen weiter, aber ihre Eltern hatten in einem großen Haus nur eine Etage gemietet, während die Tochter in demselben Haus zwei eigene Zimmer bewohnte.
    Ann Thomper empfing uns in ihren Räumen. Hier war alles hell und großzügig eingerichtet, und wenn das Mädchen auch Trauerkleidung trug, so ging von ihr doch eine Frische aus, die eine offene Frage zu vertragen schien. Sie sah Charlot Canzer ähnlich wie eine Schwester, oder sagen wir, wie eine Cousine, aber ihre Augen schauten kritisch in die Welt.
    Als Phil auf das Interesse ihrer Eltern für übersinnliche Dinge zu sprechen kam, fiel sie ihm ins Wort: »Ich habe mich oft genug mit meinem Vater darüber gestritten. Mit Mutter war über diesen Punkt überhaupt nicht zu reden. Sie war beleidigt, wenn ich sie kritisierte, aber Vater versuchte, mich immer wieder zu überzeugen. Ich sagte ihm oft genug, daß die Klubs, die sie besuchten, nur von hysterischen Frauen mit zuviel Geld und ohne Arbeit gegründet seien, oder daß sich irgendwelche Leute von den Beiträgen mästeten, aber er stand zu sehr unter Mamas Einfluß, um auf mich zu hören. Freilich…«, sie unterdrückte die aufsteigenden Tränen, »… ich hätte nie
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