Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0005 - Der Scharfrichter

0005 - Der Scharfrichter

Titel: 0005 - Der Scharfrichter
Autoren: Horst Friedrichs
Vom Netzwerk:
nicht mehr spürbar.
    Zamorra stellte die Kassette an ihren Platz zurück und verschloß den Safe.
    Der Bezwinger der Dämonen von Château Montagne war bereit, seinen Kampf gegen die Mächte der Finsternis fortzusetzen.
    ***
    Der Schankraum des kleinen Gasthauses konnte es an Behaglichkeit mit jedem heimischen Wohnzimmer aufnehmen. Klobige Birkenscheite prasselten unter den Flammen des Kaminfeuers. Wandlampen verstreuten mattes Licht. Unter den wuchtigen schwarzen Deckenbalken vermittelten blankgescheuerte Tischplatten und derbe Holzstühle einen faszinierenden Eindruck von Solidität und blitzender Sauberkeit.
    Es war später Nachmittag, Professor Zamorra und Nicole Duval waren bislang die einzigen Gäste.
    Zamorra leerte sein Glas. Der teure schottische Whisky rann sanft und dennoch mit wohltuendem Feuer durch seine Kehle.
    »Es wird noch geöffnet sein«, meinte er mit einem Blick auf die Armbanduhr, »kommen Sie mit, Nicole?«
    Sie lächelte verschmitzt.
    »Wenn es sich nicht um einen dienstlichen Befehl handelt, würde ich es vorziehen, mich in meinem Zimmer einzurichten…«
    »Wie Sie wollen«, nickte Zamorra.
    Er ließ Nicole allein. Im Gegensatz zu ihr brannte er darauf, die Burg der Grafen von Llangurig kennenzulernen, das Museum, das Richtschwert…
    Vor dem Gasthaus führte eine holprige Pflasterstraße entlang, die sich schon nach wenigen, hundert Metern im Hügelland verlor. Es herrschte kein Fahrzeugverkehr. Das Gasthaus lag am westlichen Stadtrand, abseits von der Durchgangsstraße, die von Wolverhampton kam. Die betagte gepflasterte Fahrbahn führte lediglich zu den Bauernhöfen, die weit verstreut in der Umgebung von Llangurig lagen.
    Professor Zamorra wandte seine Schritte nach links. Er brauchte den Mietwagen nicht, den er auf dem Hinterhof seiner Unterkunft abgestellt hatte.
    Nur einen Steinwurf weit entfernt erhoben sich die kantigen Umrisse der Burg auf einer Hügelkuppe. Die mächtigen Mauern aus Quadersteinen überragten wie beherrschend das gesamte umliegende Land.
    Zamorra steuerte auf die Steinbrücke zu, die sich mit zwei gemauerten Bogen über den schmalen Fluß spannte. Keine fünfzig Meter weiter östlich gruppierten sich die ersten Häuser von Llangurig um den Wasserlauf, der in früherer Zeit wichtigster Grund für die Entstehung dieses Ortes gewesen sein mußte.
    Hinter der Brücke beschrieb die Straße einen Bogen nach Osten. Ein unbefestigter Weg führte nach rechts am Flußufer entlang. Am Fuß des Hügels war ein Parkplatz für die Besucher der Burg angelegt worden.
    Nur zwei Limousinen standen dort. Ein blauer Morris Marina mit Londoner Kennzeichen und ein graugrüner Rover 2000 TC, auf dessen Dach eine dünne Funkantenne im Wind pendelte. Zamorra brauchte nicht zweimal hinzusehen, um zu wissen, daß es sich um ein Polizeifahrzeug handelte.
    Während er seinen Weg fortsetzte, blickte er zur Burg empor. Aus dieser kurzen Entfernung wirkte Llangurig Castle noch wuchtiger, behäbiger, wie ein Teil der wildromantischen Landschaft. Das dunkle Grün der Hügelhänge schien sich übergangslos in den moosbewachsenen Quadersteinen fortzusetzen.
    Die Erbauer der Burg hatten kaum an architektonische Spielereien gedacht, sondern eher an nüchterne Zweckbetontheit. Gedrungene Wehrtürme hockten auf den vier Ecken der Umfassungsmauer. Die Zinnen der Wehrgänge klafften wie riesige, drohende Reißzähne vor dem Grau des bewölkten Himmels.
    Dieses düstere Gemäuer hatte nichts gemein mit der verschachtelten, verspielten Bauweise von Château Montagne. Aber dennoch paßte Llangurig Castle ebenso zu seiner Umgebung, wie es bei dem von Zamorras Ahnen erbauten Schloß der Fall war.
    Der ausgetretene Weg führte in zahlreichen Windungen zum Burgtor. Es gab keine Zugbrücke, kein Fallgitter. Die Torflügel aus massiven Eichenbohlen standen offen. In früheren Jahrhunderten hatte der Fluß als natürlicher Schutz für die Grafen von Llangurig gedient. Heute allerdings war der Nebenarm, der ringförmig um den Burghügel herumgeführt hatte, längst trockengelegt.
    Zamorras Blick erfaßte den Innenhof, dessen Kopfsteinpflaster sich kaum von dem der Straße unterschied. Die Gebäude duckten sich U-förmig an die hohen Außenmauern. Knapp oberhalb der neugedeckten Ziegeldächer befanden sich die noch vollständig erhaltenen Wehrgänge.
    Das ehemalige Herrschaftshaus der Grafen von Llangurig stand dem Burgtor gegenüber. Im Gegensatz zu den langgestreckten Wirtschaftsgebäuden zu beiden Seiten, hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher