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0004 - Im Totenreich der Ghouls

0004 - Im Totenreich der Ghouls

Titel: 0004 - Im Totenreich der Ghouls
Autoren: A.F. Morland
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die Luft zischend aus. »Verzeihen Sie. Ich wollte nicht so unhöflich sein.«
    »Ja, ja…«, maulte der Fahrer.
    »Die Frau hat meinen Koffer irrtümlich mitgenommen«, sagte Zamorra.
    »Sind Goldbarren drin?«
    »Etwas viel Wertvolleres.«
    »Dann habe ich es etwa mit einem Spion zu tun?«
    Zamorra schüttelte heftig den Kopf. »Reden Sie keinen Unsinn. Fahren Sie! Und zwar schneller!«
    Der Fahrer zog grimmig die Augenbrauen zusammen. »Also mehr ist wirklich nicht drin, Sir! Sie wollen doch genausowenig wie ich, daß wir einen Unfall bauen.«
    Der Fahrer hatte natürlich recht. Der Verkehr war mittlerweile dichter geworden. Sie hatten bereits eine lange Autoschlange überholt, ohne den Bentley wiederzufinden. Nun kam der Morris wegen des starken Verkehrsaufkommens nicht mehr so schnell weiter. Es war einfach nicht mehr möglich, das Tempo zu forcieren. Es wäre unverantwortlich gewesen. Den anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber genauso wie gegenüber der Sicherheit des eigenen Lebens.
    Der Fahrer tat, was er konnte. Immerhin hatte er hundert Pfund bekommen. Er überholte zwei Lkw, zwängte seinen Morris zwischen einen Jaguar und einen Peugeot, hupte und überholte, sobald es wieder möglich war.
    Irgendwann meinte er kopfschüttelnd: »Den Koffer sehen Sie nicht mehr wieder, Sir.«
    Diese Befürchtung hegte der Professor auch. Nur hatte er sie nicht ausgesprochen.
    »Wenn ich mal etwas als Mann mit Erfahrung sagen darf: Wahrscheinlich hat die Lady Ihren Koffer gar nicht irrtümlich mitgehen lassen…«
    »Sondern?«
    »Mit voller Absicht. Na klar. Ich kenne die Menschen, Sir. Etwas Schlimmeres gibt es nicht.«
    Zamorra starrte ratlos durch die Windschutzscheibe. Was tun? Das Amulett einfach aufgeben? Niemals. Das kam überhaupt nicht in Frage.
    An der nächsten Kreuzung, die Rot zeigte, fragte der Fahrer: »Soll ich Sie zum Flughafen zurückbringen, Sir?«
    Zamorra hörte ihn zwar, reagierte jedoch nicht sofort. Deshalb wiederholte der Fahrer seine Frage etwas lauter.
    Der Professor schüttelte resignierend den Kopf.
    »Fahren Sie mich zu meinem Hotel…«
    »Hilton?«
    »Nein. Four Seasons.«
    »Okay. Ich bring' Sie hin.«
    ***
    Joanne Cannon ließ den schwarzen Bentley mit viel Geschick und ganz langsam in die schmale Garage ihres Hauses rollen.
    Danach stellte sie den Motor ab und faltete sich mit einer fließenden Bewegung aus dem Fahrzeug. Die Tür schnappte mit einem satten Geräusch ins Schloß.
    Sie war vierzig, sehr gepflegt, achtete auf ihre gute Figur, wozu im Monat mehrere Diättage erforderlich waren, und trug ein Reisekostüm, das den Gedanken, sie könne den Koffer mit Absicht gestohlen haben, von vornherein ad absurdum führte.
    Mit kleinen Schritten begab sie sich zum Kofferraum und klappte den Deckel hoch.
    »Nanu!« sagte sie erstaunt, als sie zwei gleiche Koffer in dem sauberen Rechteck des Wagens stehen sah.
    Sie hatte nicht darauf geachtet, daß der Träger mit zwei Koffern hinter ihr hertrottete. Ein wenig ratlos hob sie beide Koffer heraus. An ihrem hing ein Namensschild. Daß an dem anderen auch eines gehangen hatte, bewies der Umstand, daß ein dünnes Lederriemchen vom Griff seitlich herabbaumelte. Es war ausgefranst. Das Schildchen war wahrscheinlich beim Zuschlagen des Kofferraumdeckels abgerissen worden.
    Joanne Cannon trug die beiden Koffer in ihr geräumiges Haus.
    Sie stellte den fremden Koffer im Wohnzimmer auf den großen runden Tisch und zündete sich erst mal eine Zigarette an, die sie nachdenklich und genießend rauchte.
    Die Schuld hatte natürlich dieser dumme Träger. Aber was nützte es jetzt, irgend jemandem die Sache an diesem Mißgeschick zuzuschieben. Der Besitzer oder die Besitzerin dieses Koffers vermißte das Gepäckstück sicher längst.
    Die Frau stieß die Zigarette schon nach wenigen Zügen in den Aschenbecher.
    Dann strich sie sich eine blonde Strähne aus dem hübschen Gesicht, während sie mit der linken Hand nach der Chromschnalle griff, um sie zu öffnen.
    Augenblicke später war auch der zweite Gurt offen. Beide baumelten vom Tisch herab. Danach klappte Joanne Cannon den Deckel des fremden Koffers hoch. Sie empfand eine gewisse Scheu davor. Es war nicht ihre Art, in fremden Sachen herumzukramen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, die Intimsphäre eines fremden Menschen zu verletzen.
    Herrenhemden. Herrenpullover. Ein reinseidener Schlafrock. Ein goldener Reisewecker. Krawatten. Frische, noch originalverpackte Herrenunterwäsche. Seidene Taschentücher.
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